Der Weg steht bereit: ETH-Studie bestätigt die Roadmap Helion
12.03.2023 | Helion
Eine von der Helion, Swissolar und Nationalrat Grossen in Auftrag gegebene Studie der ETH kommt zum Schluss, dass die Roadmap Helion nicht nur technisch machbar, sondern auch finanziell kostengünstiger ist als das auf fossilen Energieträgern basierende Szenario «Weiter wie bisher» (WWB) der Energieperspektiven 2050+ des Bundesamts für Energie.
Was besagt die Roadmap?
Die Roadmap Helion zeigt den Weg auf, wie unser zukünftiges Stromsystem ausschaut. Die Roadmap setzt dabei auf einen starken Ausbau von erneuerbaren Energien, insbesondere Photovoltaik.
Auf der Nachfrageseite zeigt die Roadmap einen Weg auf, der von einer hohen Anzahl Elektroautos und Wärmepumpen geprägt ist. Bis 2035 sollen praktisch alle Neufahrzeuge elektrisch sein. Dieses Szenario macht auch vor dem Hintergrund Sinn, dass die Inverkehrsetzung von Benzin- und Dieselfahrzeugen von der EU bis 2035 praktisch verboten sein wird.
Damit sich die Stromproduktion und -nachfrage jederzeit im Gleichgewicht befinden, geht die Roadmap Helion von vielen dezentralen Stromspeichern – sowohl Heimbatterien als auch Autobatterien – aus. Das bidirektionale Laden und die damit einhergehende Einbindung der Autobatterien in das Stromnetz erschliesst ein Speicherpotential in der Grösse aller Schweizer Pumpspeicher. Wie eine weitere ETH-Studie belegt, können auch die Stromsystemkosten dank einer intelligenten Integration von Autobatterien in das Energiesystem um bis zu 6,5 Mrd. Franken reduziert werden
Die Energiewende ist zu einem grossen Teil eine Wende von fossilen Treibstoffen hin zum Strom, davon ist auch Noah Heynen, CEO und Co-Gründer von Helion überzeugt:
Was sind die Studien-Resultate?
Die aktuelle ETH-Studie kommt konkret zum Schluss, dass sowohl die Gesamt-, als auch die Gestehungskosten des Stromsystems in der Roadmap Helion am kostengünstigsten sind (Abb.1) Selbst bei den getesteten Fällen eines verstärkten PV-Ausbaus im Ausland und einem eingeschränkten Stromhandel mit der EU, bleibt die Roadmap zusammen mit der Roadmap des Nationalrat Grossen die günstigste.
Abbildung 1: Stromgestehungskosten (1a) und Gesamtkosten des Stromsystems (1b) von 2020 bis 2050. Kosten beinhalten Betriebs- und Unterhaltskosten, Investitionskosten und Kosten/Erlöse für Stromimport/-export.
Weiter konnte die Studie bestätigen, dass der Anteil Importstrom in der Roadmap Helion im Winter etwa auf dem Niveau der letzten Jahre bleibt, wohingegen im Szenario Weiter-wie-bisher aufgrund des fehlenden Zubaus von Erneuerbaren zukünftig eine grosse Stromlücke im Winter entsteht.
Abbildung 2: Winter Netto-Importe.
ETH Studie: Assessing the Feasibility of Scenarios for the Swiss Electricity System
Was heisst das für das Gesamtenergiesystem?
Die ETH-Studie zeigt auf, dass ein Stromsystem nach der Roadmap Helion sowohl tiefere Gesamt- als auch Gestehungskosten als das Szenario Weiter-wie-bisher aufweist. Aber was bedeutet das für das gesamte Energiesystem, also inklusive Kosten für Brenn- und Treibstoffe sowie dem Verteilnetz für Wärme und Strom?
In einer eigenen Berechnung hat die Helion die Gesamtenergiekosten der Roadmap mit dem Szenario Weiter-wie-bisher verglichen. Es zeigt sich, dass die Roadmap rund 4 % günstiger ist als ein Weiter-wie-bisher und 9 % günstiger als ZERO Szenario des Bundes (siehe Abb. 3). Allein durch den Ersatz von fossilen Treib- und Brennstoffen – also Benzin, Diesel, Heizöl und Gas – können bis 2050 52 Mrd. CHF eingespart werden. Dies ist insofern bemerkenswert, dass das Szenario ZERO Basis der Energieperspektiven 2050+ deutlich teurer wird als das Weiter-wie-bisher. Die Roadmap Helion kann die Kosten durch die zusätzliche Elektrifizierung des Verkehrs und Bereitstellung von kurz- und langfristigen Speichertechnologien signifikant senken (siehe Abb. 4).
Abbildung 4: Kumulierte Kosten bis 2050. Die Systemgrenzen für WWB* und ZERO Basis* wurden im Rahmen dieser Kostenberechnung angepasst. Kosten, die nicht direkt im Energiesystem anfallen, wurden nicht berücksichtigt (Bsp. Gebäudesanierungen, Anpassung industrieller Prozesse, Fahrkosten). Die Schätzung der absoluten Kosten basiert auf der VSE Studie Energiezukunft 2050 und den Energieperspektiven 2050+ des BFE. Die Stromsystemkosten ergeben sich aus der ETH-Studie, die Verteilnetzkosten aus der Verteilnetzkostenstudie des BFE.
Abbildung 3: Kumulierte CO₂-Emissionen bis 2050.
* Dienstleistungen, Haushalte, Landwirtschaft und Militär
** Stromerzeugung, Heizwerk, KVA, Raffinerien
Elektrifizierung des Verkehrs- und Wärmesektors zuzuschreiben. Dabei zeigt sich, dass die Roadmaps Helion, Swissolar und Grossen rund 34 %, 36 % bzw. 38 % weniger CO₂-Emissionen verursachen als das WWB-Szenario (Abb. 4).
Spätestens mit der aktuellen ETH-Studie ist belegt: Die Kombination eines massiven Ausbaus der Erneuerbaren – allen voran Solar – mit einer Abkehr von mit fossilen Treibstoffen betriebenen Fahrzeugen und Heizungen, stellt die klimafreundlichste und finanziell sinnvollste Lösung unseres Energiesystems dar. Der Weg steht bereit, was hält uns zurück?
Fragen und Antworten: Machbarkeitsstudie, zu den Roadmaps Helion, Swissolar und Grossen.
Was sind für Sie die wichtigsten Ergebnisse dieser Studie?
Diese Studie bestätigt die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit der Energiewende.
- Erstens zeigt diese Studie, dass die Roadmaps der Helion, von Swissolar und Jürg Grossen machbar sind. Machbar heisst, dass die Schweizer Stromnachfrage zu jeder Zeit mit den verfügbaren Produktionskapazitäten gedeckt werden kann - auch im Winter und in der Nacht.
- Die Stromgestehungskosten - also die Kosten zur Bereitstellung des Stroms - sind in allen Roadmaps tiefer als in einem Weiter-wie-bisher (WWB) Szenario. Dies ist bemerkenswert, da die Stromnachfrage deutliche höher ist als im Szenario WBB, welches stark von fossilen Energieträgern abhängig ist.
- Es gibt auch Unterschiede innerhalb der Roadmaps: So ist die Helion-Roadmap im Referenzfall das günstigste und Swissolar das kostspieligste. Die Roadmap Grossen ist das günstigste, wenn der Stromhandel begrenzt wird, was auf den Ausbau von Power-to-Gas und Gas-to-Power-Anlagen zurückzuführen ist.
Was war der Gedanke hinter den einzelnen Sensitivitäten?
- Net-Transfer-Capacities 30 (NTC30): Worst-Case-Szenario beim Stromhandelsabkommen mit Europa: 70 % der grenzübergreifenden Netzkapazitäten müssten für den Handel innerhalb der EU-Mitglieder reserviert sein. Somit verbliebe der Schweiz nur noch 30 %.
- Dezentralisierteres Szenario: Wir haben zudem getestet, was passieren würde, wenn in Europa weniger Offshore-Wind und noch mehr Solar zugebaut werden würde.
Abbildung 8 in der Studie zeigt auf, dass in der Roadmap Grossen im 2050 noch Strom importiert wird. Steht dies nicht im Konflikt mit der Aussage, dass die Gas-to-Power-Anlagen dieser Roadmap zu erhöhter Versorgungssicherheit beitragen soll?
Das Modell modelliert den Energiehandel. Dabei erhalten diejenigen Produktionsanlagen den Zuschlag, welche zum entsprechenden Zeitpunkt die günstigste Energie produzieren können. Erhöhter Import heisst in diesem Fall einfach, dass im Ausland der günstigere Strom produziert wird, nicht aber, dass Produktionsanlagen im Inland fehlen würden.
Die Schweiz bleibt gemäss der Studie im Winter abhängig vom Stromimport.
Richtig. Die Importmengen bewegen sich aber im gleichen Rahmen wie in den vergangenen Jahren. Im Szenario WWB sieht das ganz anders aus. Dort steigt die Importabhängigkeit massiv an bis 2050, insbesondere im Winter.
Was waren die Annahmen bzgl. dem Einsatz von V2G?
V2G wird im zukünftigen Stromsystem eine wichtige Rolle für die Stabilität des Netzes und die Integration von EE dienen. Die Diffusion von V2G in den Roadmaps entspricht dem mittleren Szenario der V2G-Studie.
Das Modell, Nexus–e, der ETH Zürich simuliert nur die Jahre 2020, 2030, 2040, 2050 und da auch nur jeden zweiten Tag. Ist das überhaupt präzis?
Das Modell rechnet während diesen Tagen die stündliche Produktion und den Verbrauch in Europa und der Schweiz und berechnet für jede dieser Stunde den kostengünstigsten Einsatz der vorhandenen Produktionsstätten. Die im Modell verwendete zeitliche Auflösung reicht definitiv, um eine statistisch signifikante Aussage über die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit der Szenarien zu machen.
Die Roadmap Grossen geht davon aus, dass vermehrt Power-to-X Anlagen zur saisonalen Speicherung von Energie genutzt werden. In welchem Umfang werden diese Anlagen in den Szenarien verwendet?
Wenn die Stromnachfrage höher als die inländische Stromproduktion ist, wird entweder auf Importstrom zurückgegriffen, oder strombasierte Energieträger wie beispielsweise Wasserstoff werden "rückverstromt". Das Modell der ETH wählt dabei immer die für das System günstigste Stromherkunft. Die Berechnungen der ETH-Studie zeigen, dass eine "Rückverstromung" von strombasierten Energieträgern nur in wenigen Fällen nötig ist. Offensichtlich reichen - selbst bei eingeschränktem Handel - die inländische Produktion und der reduzierte Import zur Deckung des Grossteils der Nachfrage. Trotzdem: Die Berechnungen zeigen, dass bei eingeschränkten grenzübergreifenden Netzkapazitäten, das Szenario Grossen mit erhöhtem Anteil PtX-Anlagen am günstigsten abschneidet.
Abbildung 11 zeigt auf, dass die Netto-Importe bei den Roadmaps Helion und Swissolar stark ansteigen, wenn in Europa verstärkt PV zugebaut wird. Worauf ist das zurückzuführen?
Dieser Anstieg beruht auf der Reduktion des Exports. Der PV-Zubau in Europa führt dazu, dass die Nachfrage für PV-Strom aus der Schweiz abnimmt. Dadurch wird weniger exportiert, was zu diesem Anstieg des Netto-Imports führt.
In der "Interpretation der Autoren" basieren sie die Kosten ausserhalb des Stromsystems für das Szenario WWB auf die Studie des VSE zur Energiezukunft 2050. Weshalb verwenden sie nicht die Schätzung des BFE von 1'400 Mrd. CHF für die Investitionskosten?
Die Energieperspektiven 2050+ setzten eine andere Systemgrenze für die Gesamtkosten des Szenario WWB. In unserer Analyse beziehen wir nur die direkt in Verbindung zum Energiesystem stehenden Infrastrukturen ein. Dabei werden beispielsweise Prozessanpassungen in der Industrie und Gebäudesanierungen nicht berücksichtigt. Aus diesem Grund würden die 1'400 Mrd. CHF nicht den gemachten Annahmen entsprechen.
In Ihren Berechnungen zu den Kosten des Gesamtenergiesystems kommen Sie zum Schluss, dass die Roadmaps günstiger als WWB sind. Das ist sehr erstaunlich, da das ZeroBasis Szenario doch deutlich teurer wird.
Das stimmt. Im Vergleich zum Szenario ZeroBasis gehen die Roadmaps vor allem auf eine verstärkte Elektrifizierung des Verkehrs aus, was die Kosten für fossile Energieträger zusätzlich reduziert. In den Berechnungen wurde auch eine andere Systemgrenze als in den Energieperspektiven gewählt, sodass Investitionen, die nicht direkt mit der Energieproduktion und Verteilung in Verbindung stehen, nicht berücksichtigt werden.
Wo bilden Sie in Ihren Berechnungen die Kosten für die Speicherung von Wasserstoff und synthetischen Gasen ab?
Die Kosten für die "Rückverstromung" der strombasierten Energieträger ist in den variablen Kosten der Stromsystemberechnungen der ETH abgebildet. Kosten für die weitere Verwendung von strombasierten Energieträgern in der Industrie beispielsweise ist als Kosten von strombasierten Energieträgern eingerechnet. In welcher Form die Energieträger gespeichert und ob sie nicht im Sommer exportiert und im Winter wieder importiert werden, ist noch unklar. Die VSE Energiestudie kommt zum Schluss, dass die Schweiz den benötigten Wasserstoff vor allem importiert wird. Aufgrund dieser Unsicherheit wurden zwar Kosten für die Produktion und "Rückverstromung" einbezogen, jedoch keine zusätzlichen Kosten für die Speicherung von strombasierten Energieträgern im Vergleich zum Szenario ZERO Basis angenommen.